Im Frühling 2015 war  es soweit. Im Kurszentrum Ballenberg fand die Abschlussausstellung von uns Filzerinnen statt. Nach dem Modul über Objekte wurde uns das Thema mitgeteilt. Es lautete "Eigenart". Wir waren frei, das Thema in 2 - oder 3 - dimensionaler Form umzusetzen. Es konnte auch ein Kleidungsstück sein. Ich entschied mich für ein Objekt: Agathe.

Eigenartig

Ein sonderbares Mischwesen , halb Mensch, halb Pflanze, steht in einer engen Vase und wird umschwirrt von Schmetterlingen. Trotz seiner misslichen Lage, schaut es einigermassen optimistisch in die Zukunft. Agathe ist inklusive Vase 1,6 m hoch und ca. 60 cm breit.

 

Eigenart

Ich experimentiere gerne mit verschiedenen Materialien. Von aussen erkennbar ist die Kombination von Filz mit einer Glasvase und Akrylfarbe (Hut). Letztere habe ich ein erstes Mal eingesetzt, weil ich normalerweise damit Bilder male und mich das Verhalten von Acryl auf Filz interessierte. Würde man das eigenartige Wesen in seine Bestandteile zerlegen, fände man aber noch Drähte, ein kunststoffummanteltes Metallrohr, Styropor, Stücke einer Teppichunterlage, ein Paar Stricknadeln, sowie einen Teppichklopfer. Ich baue alles ein, was sich in meiner Umgebung findet und gestalte daraus eine Figur aus Filz.


Meine Absicht war

etwas Schräges, Skurriles in den Raum zu stellen, das man auf verschiedene Arten interpretieren kann, das vielleicht sogar Fragen aufwirft. Es soll irritieren. Zwingend waren für mich der Einbezug eines von aussen sichtbaren Gegenstandes, sowie eines Hutes mit Schmetterlingen. Irgendwie erschien mir die Kombination von toter Materie mit der lebendigen Leichtigkeit von Schmetterlingen skurril. Zudem hatte ich mich für ein intuitiv prozesshaftes Vorgehen entschieden, weil ich nicht wusste, wie viel Zeit mir neben Familie und Landwirtschaftsbetrieb zur Verfügung stehen würde. Allerdings stellte sich im Nachhinein heraus, dass der Zeitaufwand auch bei prozessorientiertem Arbeiten enorm hoch ist.


Unbeabsichtigt: Die Darstellung der eigenen Lebenssituation

Intuitiv hatte ich einen Schmetterlingshut und eine Vase gewählt. Als ich die ersten Schmetterlinge auf den Hut setzte, merkte ich, dass mir der Kopf schwirrt von all den Dingen, Arbeiten und Projekten, die mich im Moment beschäftigen. Es kamen ein Kopf und ein Rumpf hinzu, die aus einer einzelnen Pflanze – ich denke, es ist eine Sonnenblume – herauswachsen. Überrascht stellte ich fest, dass ich mit der Figur meine eigene Lebenssituation dargestellt habe. Kopf und Rumpf stecken fest in der Vase wie in einem Korsett. So stecke auch ich fest in meinem Alltag. Meine Welt ist aber bunt und auf unserem Bauernhof gibt es viele Blumen. Kein Wunder also, ist das Wesen halb Mensch, halb Blume. Und da sind Zufriedenheit und Optimismus, wie wir bei der Figur anhand der Mimik erkennen können und anhand der Blätter, die wie Flügel ausgebreitet sind.

 

Eines Tages werden dem Wesen auch noch Arme und Beine wachsen, es wird seine Blätter abstreifen und aus der Vase steigen.

 

 

So ist das Wesen auch Sinnbild für das eigentümliche Gefühl, das sich einstellt, wenn man vor dem Beginn eines neuen Lebensabschnittes steht.